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Urteil Verwaltungsgericht (AG - AGVE 2003 21)

Zusammenfassung des Urteils AGVE 2003 21: Verwaltungsgericht

Im Bussenumwandlungsverfahren muss der Verurteilte in der Regel die Verfahrenskosten tragen, es sei denn, er kann nachweisen, dass er aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage war, die Busse zu bezahlen. Ein Gerichtsentscheid vom 1. Dezember 2003 behandelt den Fall der Staatsanwaltschaft gegen A. A. Es wird erklärt, unter welchen Umständen die Kosten des Umwandlungsverfahrens vom Verurteilten getragen werden müssen oder nicht. In einem konkreten Fall lebt die Verurteilte in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen und war nicht in der Lage, die Busse zu bezahlen. Trotzdem wurde festgestellt, dass sie schuldlos ausserstande war, die Busse zu bezahlen, und daher wurden die Verfahrenskosten nicht ihr auferlegt, sondern von der Staatskasse übernommen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AGVE 2003 21

Kanton:AG
Fallnummer:AGVE 2003 21
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:-
Verwaltungsgericht Entscheid AGVE 2003 21 vom 01.12.2003 (AG)
Datum:01.12.2003
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:IV. Strafprozessrecht21 Bussenumwandlungsverfahren:Der Verurteilte, der im Laufe des Bussenumwandlungsverfahrens dieBusse bezahlt, hat in der Regel gestützt auf das Verursachungsprinzip dieVerfahrenskosten zu tragen. Befindet er sich jedoch in wirtschaftlich derart misslichen Verhältnissen, dass bei...
Schlagwörter: Busse; Verurteilte; Bussen; Verursachungsprinzip; Verfahrens; Prozessrecht; Richter; Umwandlung; Verurteilten; Verfahrenskosten; Nichtbezahlung; Bezahlung; Verfügung; Notbedarf; Hinweisen; Mutter; Mitteln; Bussenbetrag; Begleichung; Strafprozessrecht; Bussenumwandlungsverfahren:; Laufe; Bussenumwandlungsverfahrens; Regel; Verhältnissen; Wahrscheinlichkeit; Entscheid; Obergerichts
Rechtsnorm:-
Referenz BGE:125 IV 231;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts AGVE 2003 21

2003 Strafprozessrecht 73

IV. Strafprozessrecht



21 Bussenumwandlungsverfahren:
Der Verurteilte, der im Laufe des Bussenumwandlungsverfahrens die
Busse bezahlt, hat in der Regel gestützt auf das Verursachungsprinzip die
Verfahrenskosten zu tragen. Befindet er sich jedoch in wirtschaftlich der-
art misslichen Verhältnissen, dass bei Nichtbezahlung der Busse diese mit
aller Wahrscheinlichkeit nicht umgewandelt worden wäre, ist auf die Ko-
stenauflage zu verzichten.


Aus dem Entscheid des Obergerichts, 2. Strafkammer, vom 1. Dezember
2003 in Sachen Staatsanwaltschaft gegen A. A.



1. a) Unterlässt es ein Verurteilter, eine gegen ihn ausgespro-
chene Busse zu bezahlen, und tilgt er sie erst, wenn das Bussenum-
wandlungsverfahren gemäss Art. 49 Ziff. 3 StGB bereits eingeleitet
ist, hat er grundsätzlich gestützt auf das Verursachungsprinzip die
Kosten des Umwandlungsverfahrens zu tragen (OGE, 1. Strafkam-
mer, vom 11. Dezember 1990 i.S. StA / R.N.; Brühlmeier, Aargaui-
sche Strafprozessordnung, Kommentar, 2. Aufl., Aarau 1980, N 1
und 2 zu § 204).
Das Verursachungsprinzip findet jedoch im Bussenumwand-
lungsverfahren seine Grenze resp. wird durchbrochen, wenn der Ver-
urteilte trotz Bezahlung der Busse und gestützt darauf erfolgter Ein-
stellung des Verfahrens nachweist, dass er in Anwendung der durch
die Praxis herausgebildeten Kriterien als schuldlos ausserstande im
Sinne des Gesetzes zu gelten hat, die Busse zu bezahlen, er somit,
hätte er die Busse nicht bezahlt, bei Durchführung des Verfahrens
mit seinem Standpunkt mutmasslich durchgedrungen wäre. Dies ist
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zum Beispiel dann möglich, wenn er die Busse, ohne selbst über die
nötigen Mittel zu verfügen, mit ihm von Dritten zur Verfügung ge-
stelltem Geld beglichen hat er sie aus seinem für andere Be-
dürfnisse ausgeschiedenen Notbedarf bezahlt hat.
b) Bezahlt der Verurteilte die Busse nicht und verdient er sie
auch nicht ab, so wird sie durch den Richter in Haft umgewandelt
(Art. 49 Ziff. 3 Abs. 1 StGB). Der Richter kann im Urteil selbst oder
durch nachträglichen Beschluss die Umwandlung ausschliessen,
wenn der Verurteilte nachweist, dass er schuldlos ausserstande ist,
die Busse zu bezahlen (Art. 49 Ziff. 3 Abs. 2 StGB). Schuldlosigkeit
ist dann anzunehmen, wenn der Verurteilte auch bei gutem Willen
keine Möglichkeit hat, sich die erforderlichen Mittel zu verschaffen
oder die Busse durch Arbeitsleistung zu tilgen (BGE 125 IV 231
Erw. 3a S. 233 mit Hinweisen). An den Nachweis der Schuldlosig-
keit dürfen keine zu hohen Ansprüche gestellt werden. Es genügt
eine Glaubhaftmachung. Unklarheiten wegen mangelhafter Vorbrin-
gen hat der Richter durch Befragung des Verurteilten zu beheben
(ZR 93 [1994] Nr. 77 S. 203 mit Hinweisen).
c) Die Verurteilte lebt in wirtschaftlich misslichen Verhältnis-
sen. Sie war drogensüchtig und beging verschiedene Vermögensde-
likte, die zur Verurteilung zu Bussen führten. Sie befindet sich nun
seit längerer Zeit in einem strukturierten Methadonprogramm. Sie ist
zudem Mutter eines nun 2-jährigen Kindes und betreut dieses. Ihr
Mann und sie sind ausgesteuert, der Mann weiterhin arbeitslos und
aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, seinen angelernten
Beruf auszuüben. Sowohl sie als auch ihr Mann und ihre Tochter
werden vom Sozialamt unterstützt. Mit den Leistungen wird einzig
der Grundbedarf abgedeckt. Andere Mittel stehen der Verurteilten
nicht zur Verfügung.
Es ist offensichtlich, dass die Verurteilte die Busse nicht aus
diesen Mitteln bestreiten konnte. Daran ändert nichts, dass es sich
um einen sehr geringen Bussenbetrag handelt. Gemäss den eigenen
Angaben der Verurteilten hat sie zur Begleichung anderer Bussen
auch die Hilfe ihrer Mutter in Anspruch genommen. Woher das Geld
zur ratenweisen Begleichung der hier in Frage stehenden Busse von
Fr. 50.-- stammt, ist nicht bekannt, aber auch nicht von Bedeutung.
2003 Strafprozessrecht 75

Selbst wenn sie es von den eigenen Mitteln beglichen hat, wird aus
der dargestellten finanziellen Situation deutlich, dass es aus dem an-
deren Zwecken dienenden Notbedarf kommen musste.
d) Gestützt darauf ist trotz Bezahlung des Bussenbetrages fest-
zustellen, dass die Verurteilte bislang schuldlos ausserstande war, die
Busse zu bezahlen und deshalb bei Nichtbezahlung mit ihrem Begeh-
ren, die Umwandlung der Busse sei auszuschliessen, wohl durchge-
drungen wäre. Aus diesem Grund sind die Verfahrenskosten aus-
nahmsweise nicht gemäss dem Verursachungsprinzip ihr aufzuerle-
gen, sondern auf die Staatskasse zu nehmen.

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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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